Niemals abrupt das Training abbrechen". Weder direkt nach dem Training, noch zum Saisonende. Aktive Regeneration der Schlüssel zur Gesunderhaltung und garantiert hohe Lern- und Sporterfolge. Damit dienen Pausen aber vor allem der Gesunderhaltung und der Leistungsfähigkeit. Das gilt für unsere Pferde, die geborenen Langstreckenläufer, umso mehr.

Wir haben drei bekannte Pferde- und Muli-Menschen gefragt, was jetzt vor der Winterpause zu beachten gibt. Besonders interessierte uns das Thema "Abtrainieren". Müssen wir es tun - und wenn ja, wie.

Befragt haben wir Kaja Stührenberg, Jochen Schuhmacher und Conny Röhm. Sie sind Trainer A bzw. haben Pferdewissenschaften studiert und bei den FreiZeitReitern sehr bekannt.

Wann ist es nötig, ein Pferd im Herbst abzutrainieren?

Conny Röhm meint hierzu: "Wenn ich plane, weniger zu reiten. Zum Beispiel reine Draußenreiter. Die Tage werden ja im September deutlich kürzer. Wichtig ist, nicht von jetzt auf gleich das Reiten zu reduzieren. Das sollte man möglichst vermeiden. Der Stoffwechsel ist auf großen Energieumschlag eingerichtet. Wenn man nicht abtrainert führt, schadet das dem Stoffwechsel. Es folgt eine schlechtere Verwertung des Futters und ein Nährstoffüberfluss. Das Pferd wird schnell müde und kurzatmig und natürlich auch unzufrieden. Außerdem baut das Pferd sehr schnell Muskelmasse ab."

Kaja Stührenberg sieht dies sehr ähnlich: "Abtrainieren ist dann notwendig, wenn ein Pferd aus einem intensiven Training in eine Pause gehen soll. Also z. B. nach einer mit Distanzritten, Turnierteilnahmen oder anstrengenden Wanderritten."

Wie lange dauert es, ein Pferd abzutrainieren?

Conny: "Bei einem voll auftrainierten Pferd sollte man sich sechs Wochen Zeit nehmen, in dieser Zeit also immer weniger machen. Aber es kommt natürlich auf die Leistung an, die das Pferd vorher gebracht hat. Zum Beispiel sollte man ein Pferd auch nicht nach einem Distanzritt über 80 oder 90 km am nächsten Tag zum Ausruhen auf die Weide stellen. Viel gesünder ist es, das Pferd leicht zu bewegen. Von voller Power auf Null ist nicht schlau. Reines Stehen in der Box ist allerdings noch schlimmer. Die Faustregel besagt: Auf eine große Belastung folgt immer eine kleine. Das können auch 45 Minuten Schritt und Trab an der Longe sein. Das aber unbedingt zusätzlich zu einer artgerechten Haltung. Das Pferd muss nicht im Offenstall stehen, aber ganztägiger Auslauf mit Pferdegesellschaft auf einer großen Weide oder einem großen Paddock. Bitte keine Paddock ohne Dach. Das reicht nicht und ist physiologisch ungesund."

Was passiert, wenn man ein Pferd abtrainiert?

Kaja: "Bei einem intensiven Training passen sich der Stoffwechsel, die Atmung, die Herzfrequenz und die Muskelspannung der erhöhten Anforderung an. All dieses muss langsam wieder „heruntergefahren“ werden. Ein abrupter Abbruch des Training kann Herzbeschwerden, Muskelverspannungen uvm. nach sich ziehen."

Conny: "Dann verringert sich die Ausdauer, was völlig in Ordnung ist. Auch dass das Pferd Muskeln abbaut."

Braucht man besonderes Wissen zum Abtrainieren?

Conny dazu: "Nein, gesunder Menschenverstand reicht. Einfach nicht von jetzt auf gleich auf Null Leistung gehen. Man sollte sich die natürlichen Gegebenheiten zunutze machen. Bei uns ist es in der Hocheifel zum Beispiel im Januar, Februar einfach zu kalt, um draußen zu reiten. Ich habe zwar eine Halle, aber wer die nicht hat, weiß ja vorher, dass es im Winter draußen mit dem Reiten schwierig wird. Da ist nichts mit Training und das muss man im Vorfeld bedenken. Umgekehrt gilt das auch für Hitzeperioden. Das ist vorhersehbar. Bei 38°C im Schatten kann man von einem Pferd keine sportliche Leistung verlangen. Das alles heißt aber nicht, dass man zB. im Winter gar nichts macht. Man kann natürlich den ganzen Winter durchreiten. Dann aber lieber aufs Gymnastizieren statt den Schwerpunkt auf Kraft und Ausdauer setzen. Schön reiten, das ist was für den Winter, Vorwärtsreiten und schön wird im Sommer geritten."

Kaja sieht es so: "Ich denke, man braucht zum Abtrainieren genauso viel Wissen wie zum Auftrainieren – Grundlegende Dinge wie die PAT-Werte, Wissen über den Unterschied von Kraft- und Ausdauer Training. Und ein bisschen natürliches Gefühl, auch mal ein Blick auf die Uhr, wie lange man ein Training, einen Ritt gestaltet oder wie anstrengend (Berge, Untergrund etc.) Trainingsdauer und Trainingshäufigkeit und Trainingsanspruch werden nach und nach runter gefahren."

Kann man das Abtrainieren in Phasen einteilen?

Kaja meint, "Man kann sich selber einen Plan machen, innerhalb z. B. von 6 Wochen allmählich von 6 x Training pro Woche auf 1 x Training pro Woche mit jeweils abnehmenden Anforderungen runter zu fahren und dann in eine echte Pause zu gehen."

"In Stufen schon. Einfach langsam das Programm umstellen und immer daran denken: Die Haltung sollte immer artgerecht sein, also ganztägig raus." ist die Sicht von Conny.

Wie veränderst Du dein Training im Herbst / Winter?

Kaja sieht wenig Änderungsbedarf: "Ich persönlich ändere mein Training im Winter nicht. Da mein Pferd das ganze Jahr über moderat und gleichmäßig trainiert wird, ist das nicht notwendig."

Dies teilt auch Jochen und ergänzt: "Grundsätzlich hängt abtrainieren ja vom Leistungsstand eines Pferdes ab.
Bei den meisten Pferden unserer Kunden und bei unseren Lehrpferden ist abtrainieren nicht nötig. Im Gegenteil, die Planung eines effektiven Winterprogramm ist nötig. Es gibt immer viele Gründe warum viele Freizeitreiter von Montag bis Freitag wenig bis gar nichts mit ihren Pferden machen: Schlechtes Wetter, nicht bereitbare oder nicht beleuchtete Reitplätz, frühe Dunkelheit, langes Winterfell der Offenstallpferde. Ganz klar, nur Spazierengehen ist zu wenig, leicht gesagt, wenn man eine Reithalle zur Verfügung hat.

Also: Gute Longen- oder Doppellongenarbeit, fleissiges Schrittraining, Reiten von Bahnfiguren/Geländereiten mit Trab. Mit Galopp halten wir uns kurz/knapp, da die Pferde nicht ins schwitzen kommen dürfen, dass ist, gebe ich zu, ein Problem in der Offenstallhaltung.

Wichtigt ist auch ein Winterprotokoll zu führen. Wieviel und wie oft habe denn etwas gemacht. Dann geht man auch mit viel Verständnis an den Aufbau im Frühjahr.

Nicht abtrainieren, sondern der Jahreszeit/Witterung angepasstes Training absolvieren. "

 

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